Warum Lillia?

Lillia – nun ist es endlich so weit. In tage- und wochenlangen Überlegungen und Vorbereitungen habe ich mir einen neuen, besser zu mir passenden Namen und damit auch ein Stück weit eine neue Identität geschaffen. Dann noch einige Zeit für die Umsetzung und hin und her, wann wird der neue Name endlich für alle sichtbar und präsent über dem Profil pranken? Es war schon ein Bisschen aufregend, diese Zeit des sich neu Findens. Und jetzt stehen wir hier … und es steht da … und vielleicht stehen einige Menschen, die schonmal zu mir Kontakt hatten, nun etwas verwirrt auf dem Schlauch, und fragen sich "wer ist diese Lillia in meinem Chatverlauf?". 😀 Deswegen will ich Euch ein Bisschen von meiner Reise erzählen und Euch ein Stück mit nehmen auf dem Weg von Vanessa zu Lillia Rubin.

Dass ich meinen Namen ändern wollte, wusste ich schon länger. Vanessa war einfach der erstbeste Name, der mir spontan eingefallen war, als ich mich das erste Mal in der Welt der Sexarbeit wieder fand und schnell einen Namen brauchte. Zwar hatte ich eine engere Verbindung zu dem Namen, als der Nachname Rubin dazu kam, aber da lauerte auch schon der Fehler im System: Vanessa Rubin ist eine bekannte US-amerikanische Jazzsängerin. Der Name ist also schon besetzt und wird auch in Deutschland mit ihr assoziiert. Eine Änderung musste her.

Natürlich nicht Rubin – den Nachnamen liebe ich ja. Er rührt von einer inspirierenden, US-amerikanischen Wissenschaftlerin und sex-positiven Feministin her: Gayle Rubin. Gayle Rubin hat in den so genannten „Feminist Sex Wars“ maßgeblich mitgewirkt, in der es um die Bewertung von Pornografie für die Emanzipation der Frau und den Kampf gegen Sexismus und das Patriarchat, und damit letztendlich um Sexarbeit im feministischen Diskurs, ging. Zudem hat sie das erste Mal das biologische Geschlecht (sex) vom sozial konstruierten Geschlecht (gender) unterschieden und damit eine Gedankenwelt für die verschiedensten Ausdrucksformen von Geschlechtsidentität und die Kritik von stereotypen Rollenzuschreibungen eröffnet, mit der wir in den meisten modernen feministischen Theorien heute arbeiten. Außerdem ist rot meine Lieblingsfarbe und Rubin entsprechend mein Lieblingsedelstein, was also hätte besser gepasst? 😛

Die Zeichen standen also auf ‚neuer Vorname‘. Mein erster Gedanke hierzu war Lillith – eine Symbolfigur des jüdischen Feminismus. Sie steht in dieser Tradition für die erste Frau Adams, die Gott gleichermaßen aus Lehm geschaffen hat. Zu aufmüpfig und durch ihren Mann unbeherrschbar wurde sie sodann jedoch aus dem Paradies verbannt und Eva aus einer Rippe Adams erschaffen. Sie steht also mit allem was sie ist für die Emanzipation der Frau, die Unabhängigkeit von Männern und wird mitunter als die sinnliche, leidenschaftliche Antagonistin, der bescheidenen und folgsamen Eva gesehen. Gleichzeitig wird sie in anderen Erzählungen als Dämonin oder Dämonenmutter dargestellt, ist also sehr machtvoll aber auch düster und böse.

So sehr mir diese Figur imponiert und ich sie bewundere, so wenig passt dieses Bild zu der, die ich bin und dem, was ich ausstrahlen möchte. Ich bin keine ehrfurchteinflößende, machtvolle, dunkle Dämonin. Ich bin eine liebevolle, warmherzige Person, die Menschen voller Wertschätzung begegnet. Ich möchte Menschen keine Angst machen sondern sie beruhigen und ihr Vertrauen gewinnen, um dann auf Augenhöhe gemeinsam erleben zu können, was beide erleben wollen. Eine "Verlieblichung" des Namens war also die nächste Überlegung. So kam ich auf Lillia, was sich von der Lilie ableitet. Ein blumiger, lieblicher Name also und aus der Popkultur sogar verbunden mit Sexarbeit. Im Musical "die drei Musketiere" zum Beispiel muss Milady de Winter die Lilie als Brandmal auf der Schulter tragen, um sie als Prostituierte zu kennzeichnen. Und aufgrund ihres Aussehens steht die Lilie für Sinnlichkeit, Würde, Eleganz sowie Weiblichkeit - wie passend also. 😉

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